Eine bisher unpublizierter Mailverkehr mit der Kanaille von Ende 2020, der doch nach wie vor von Interesse sein dürfte. Vielleicht ist “polemisch” dafür zu deftig ausgedrückt, zumindest scheint mir aber der Unterschied nach wie vor vorhanden. Die Nichtpublikation liegt übrigens daran, dass von der Kanaille keine Antwort mehr kam, auch kein Vorschlag welches “anarchistisches Milieu Blatt” denn dafür dienen sollte. Und statt einer Publikation der Diskussion wurde dann immerhin in der nächsten Kanaille ein Text mit dem zwar blödsinnigen Titel “Contra Corona” veröffentlicht, der aber immerhin Akteure benennt und ziemlich klar Position ergreift… dabei versuchte die Kanaille natürlich in kein Fettnäpfchen zu treten und klar zu machen, dass man nicht von “Verschwörung” rede, etc. Obwohl man das natürlich eigentlich auch nicht besser weiss, als alle anderen. Aber naja, darüber kann man sich lange langweilen, sich in Meinungsgefasel verlieren und die Diskussion dürfte ja mittlerweile ohnehin schon weiter gekommen sein.
Zumindest hier zur Dokumentation der Mailverkehr, denn seit wir ein eigenes Studio haben, wollen wir euch auch unsere abseitigeren Leftovers nicht verheimlichen. Und inhaltlich scheint ja der Standpunkt des Superspreaders durchaus noch auf der Höhe der Zeit zu sein.
Mail vom 24. September 2020 an die Kanaille:
»Hallo ihr Kanaillen,
Ich habe einen Kommentar zum Artikel „Verschwörung der Allmächtigen“ verfasst (im Anhang). Ich bitte euch, diesen as is in der nächsten Ausgabe abzudrucken und bin natürlich gespannt auf eine eventuelle Antwort. Falls ihr den Artikel nicht abdrucken wollt, informiert mich doch diesbezüglich bitte bald. Natürlich würde es mich auch, falls dem so wäre, interessieren wieso, und was ihr ansonsten damit zu tun gedenkt. Ebenso könnt ihr doch gerne schreiben, falls ihr ihn auf jeden Fall reintut.
Grüsse
(…)
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Sind denn solche einfachen Antworten besser?
Kommentar zum Artikel Verschwörung der Allmächtigen in Kanaille #4
„Die Macht ist nicht eine Institution, ist nicht eine Struktur, ist nicht eine Mächtigkeit einiger Mächtiger. Die Macht ist der Name, den man einer komplexen strategischen Situation in einer Gesellschaft gibt.“ Das behauptete zumindest der berühmte postmoderne Philosoph Michel Foucault und anscheinend auch die Kanaille. Es ist unklar, was Foucault einst damit ausdrücken wollte: wahrscheinlich aber hatte seine eigene Verstrickung innerhalb der Machtstruktur bzw. Institution der Universität etwas damit zu tun. Und diese Denkweise führte ihn rasch dazu, sich mit der Macht in Form „der Mächtigkeit einiger Mächtiger“ im Grunde genommen abzufinden.
Was aber will uns die Kanaille vermitteln, wenn in ihrem „Beitrag für eine anti-autoritäre Diskussion in Zeiten der Covid-19 Pandemie“ die Lokalisierung persönlicher und institutioneller Verantwortlichkeiten scheinbar komplett verworfen, zumindest problematisiert oder relativiert wird. Hat denn die Kanaille eine bessere Theorie über „Bill Gates & Co.“, als all die angeblichen und wirklichen „Verschwörungstheoretiker“? Und was macht denn die Kanaille anderes, als die Kritik an „Bill Gates & Co.“ den „Faschist*innen und Rechtspopulist*innen“ zu überlassen?
Es ist Schade, dass die Kanaille in ihrem Beitrag für eine antiautoritäre Diskussion andere Beiträge zu eben dieser Diskussion komplett ignoriert. So etwa die vielen Beiträge zu dieser Diskussion im Zündlumpen und der ausführliche Beitrag über Verschwörungstheorien in der In der Tat. Ebenso fällt sie im Niveau weit hinter den Artikel in der Revolte zum gleichen Thema zurück. Stattdessen widerholt man die linken Gemeinplätze (jawohl, das sind sie), welche meiner Meinung nach schon längst als zu kurzsichtig widerlegt wurden. Aber jaja, hier zumindest ein paar Kommentare zur Diskussion und dem Artikel.
Ersteinmal zur Grundstruktur, welche im Text hervorscheint. Das Problem, dass man bei aktuellen Bewegungen, wie z.B. den Hygienedemos u.Ä. sieht, wird an einer falschen Welterklärung festgemacht. Das ist, so meine These, die typisch links-bildungsbürgerliche Vorstellung und Kritik, welche das erste Hindernis ist, um vom politischen auf das soziale Feld zu gelangen. Ausserdem ist diese Kritik einfach derzeit falsch, da sich das linke akademische und eher marxelnde Bildungsbürgertum eben gerade, auch wenn es plump ist, geirrt hat (oder selber einfach komplett im Autoritarismus versunken ist). Es ist durchaus so, dass die WHO seit etlichen Jahren von Pharmakonzernen bestimmt wird. Das wusste ja eben dieses Bildungsbürgertum lustigerweise auch einmal, zumindest der Arte-Konsument dürfte über den Sachverhalt während des Schweinegrippeskandals im Nachhinein aufgeklärt worden sein. Aber daran erinnert sich ja jetzt scheinbar keiner. Oder er schliesst sich eben dem demokratischen Widerstand an, der ja eben gerade auch diese Bevölkerungsschicht repräsentiert.
Zumindest ist die Zusammenstellung von Gemeinplätzen, welche der Kanaille-Artikel beinhaltet, eben gerade eine konfuse Mischung. Wenn, und dass ich mir hier die Mühe mache, das aufzuzeichnen, ist weil es symptomatisch und kein Einzelfall ist. Wenn einerseit angemerkt wird, das „Verschwörungstheorie zu einem Kampfbegriff wurde“, weil man ja weiss, dass man selber nicht davor gefeit ist, als Verschwörungstheoretiker bezeichnet zu werden – sich aber andererseits damit bequemt, keinerlei Theorie oder Aussage oder Journalismus über „Bill Gates & Co.“ genauer unter die Lupe zu nehmen und zu kritisieren (z.B. die von Ken Jebsen, als prominentestes Beispiel), sondern selber nur die Gemeinplätze, welche „Verschwörungstheorie“ zu einem so praktischen Kampfbegriff in der Neutralisierung jeder offenen Diskussion machen, widerholt… jaja, wo ist man denn da angekommen? Nirgends. Und jeder „Verschwörungstheoretiker“ oder Verschwörungstheoretiker wird zu recht die Zeitung belustigt weglegen und sich denken „Jaja, da habe ich jetzt aber auch nichts neues erfahren… die kennen halt schlicht diese Tatsachen nicht…“ Wenn nur schon ich mich das als Gefährte frage, was das soll, wie sollen dann Personen, welche sich bisher nicht mit einer kritischen, verallgemeinernden Analyse des Bestehenden auseinandergesetzt haben, aber mit den verschiedenen Akteuren welche in dieser ganzen Geschichte auftauchen schon… wie sollen die noch etwas verstehen, wenn man eine solche Kritik anbringt, ohne zu versuchen, die allgemeinere Analyse und die Fakten in Relation zu setzen. Oder gewisse naheliegende Spekulationen und Fakten einfach einmal als indiskutabel abkanzelt. Denn:
Was ist denn genau das Problem mit der Theorie, dass „Bill Gates & Co.“, als Teil einer globalen und globalistischen Elite (die natürlich nicht homogen ist, aber wer behauptet das überhaupt?) welche seit Jahren von World Governance redet und sich die WHO in ein Werkzeug in diesem Game umgewandelt hat (idealerweise bewaffnet), dass dieser Bill Gates und seine Company seit Jahren ziemlich viel Einfluss haben, bzw. die WHO im Zweifel des Falles auch aushebeln könnten, was uninteressant ist, da die WHO ja auch ansonsten von Pharma etc. abhängig ist und folglich eben ein Tool der Pharma ist. Das Problem ist natürlich, dass dieser Tatsachenverhalt (oder ist es etwa keiner?) auch von etwaigen Nationalisten kritisiert wird, die eben gegen diese globalistische Fraktion des Kapitals sind…
Aber ja, wer das bis jetzt nicht mehr oder weniger verstanden hat, also die Realität dieser Institution, der will es wahrscheinlich nicht verstehen – er wird zumindest einfach ein bisschen zu einem Anhängsel eines bestimmten, anderen Flügels des Kapitals. Vor allem, wenn dieser Flügel gerade einen so umfassenden Event inszeniert hat, wie beim CAPS-Viru… ähem… Coronavirus… jaja, weil Event201 hat man ja nicht beachtet. Da ist ja alles schön so geplant worden, wie es jetzt umgesetzt wird. Das ist nunmal einfach so. Man kann sich doch die Website dieses Events anschauen, und das Gefühl geht nicht weg. Und dann glaubt man halt: „ich spinn! das kanns doch nicht sein…“
Aber jaja, haben denn die Macher der Kanaille sich sowas überhaupt betrachtet? Es scheint eben nicht. Weil ansonsten wäre es klar, dass man selber auch nicht klüger ist als andere. Dass man letztlich nicht weiss, was (und wie viel davon) die Mächtigen wie genau geplant haben, was sie genau hinter den Kulissen (und ebenso wer genau mit wem) treiben. Dass man nicht weiss, wie die Teilnehmenden so ein Event201 verstehen, was genau Simulation und Realität unterscheidet, wer welche Übersicht hat oder nicht weiss, was er tut, und wer wie viel beabsichtigt oder wie spontan was war. Aber was sie vor den Kulissen treiben, das ist schon eher krass. Da ist es schwierig, nicht ins Spekulieren zu kommen. Dumm nur, dass das so ist. Und die binsenweise Abstraktion, dass das Machthaben letztlich ein gesellschaftliches Verhältnis widerspiegle, was hat es mit der Sache zu tun? Ist denn Staat, Lobbyismus und Verantwortung nur ein Schein? Jaja, alles ist determiniert, und so. War das nicht genau die Logik, welche gewisse Marxisten dazu führte, die Existenz des Holocausts zu leugnen, weil dieser ökonomisch-historisch-materialistisch einfach keinen direkten Sinn ergeben habe? Aber ja doch, das ist genau diese Logik. Genauso wie die jahrelange Vorbereitung und Propaganda dafür, dass a) ein sehr schlimmes Virus bevorstünde und b) zur Rettung davor die ganze Gesellschaft runtergefahren und alle eingesperrt werden müssten, geleugnet werden könnte. Es gibt ja gar keine Macht. Die Mächtigen sind ja ebenso machtlos… wie ich armer Schlucker? Eben nicht. Und wenn die Kanaille sich nicht vorstellen kann, dass es Leute gibt, welche Macht haben, so liegt das vielleicht daran, dass wir selber nie Macht hatten? Das wir, die Kanaille, ohnmächtige Zuschauer sind… und das in unserer Ohnmacht das Wissen über Verantwortlichkeit und effektive Mächtigkeit, die Erkenntnis, das andere Menschen Macht haben, wirkliche Macht, durch unsere Ohnmacht und Akzeptanz… all das könnte doch zur Revolte anstacheln.
Und natürlich, das absteigende Kleinbürgertum, dass seine eigene Ohnmacht fühlt, es ist unsymphatisch und potentiell faschistisch. Und der Faschismus wird sich weiter verbreiten, wenn nicht eine ernstzunehmende revolutionäre Perspektive in den Raum gestellt wird. Aber wer tut denn das? Alles wird schön gekonnt in die Kanäle von links und rechts geleitet. Die verschiedenen Blasen gekonnt verwaltet, Vorurteile gegeneinander geschürt… während doch der Verschwörungstheoretiker und der wertkritische Superkluge eben nur ihre Ohnmacht aufzeigen.
„Von all diesen Fällen sprechen die meisten Verschwörungstheorien nicht und wiederholen die gleichen alten Namen von Rothschild und Co., ohne einen Blick auf die Strukturen und aktuellen Bosse der Banken, Regierungen, Konzerne und Unternehmen zu werfen“, ist so die weitere These ohne Belege, während doch gerade viele von Bill Gates, WHO, Event201, RKI, verschiedenen Pharmaunternehmen, u.Ä. reden. Und ja, natürlich ist jegliche Kritik, welche nur diese Dinge kritisiert, beschränkt. Und natürlich gilt es zu verhindern, dass der aktuelle Unmut in die Bahn einer antiglobalistischen Agenda eingegliedert wird. Aber: nicht zu verstehen, was gerade passiert ist und immer noch passiert, ist die Tendenz, wenn nicht verstanden wird, wieviel Macht gewisse Leute effektiv haben – dass es Mächtige gibt!
Und natürlich ist es wahr, dass jene, welche die Herrschaft durch lockdown das erste mal spüren, eben jetzt auf „Bill Gates & Co.“ komplett hängenbleiben. Ist ja auch so, dass vom lockdown eben etliche Existenzen zerstört wurden und werden. Ob man dabei mit den Kleinbürgern Mitleid haben will, wenn sie von den Superreichen zerquetscht werden, oder ob man hart ökonomisch und rationalisiert die Polarisierung der Klassen ohnehin schon prognostisziert hat, ist letztlich lächerlich egal. Aber eben nicht in der heutigen Denkweise. Die ist nämlich Grossteils identitär. Deshalb die Abgrenzung zu Verschwörungstheoretikern, als ob es nicht klar wäre, dass die Kanaille jegliche Macht ablehnt und nicht nur eine Fraktion des Kapitals. Auch wenn sich die Kanaille gewissermassen auch selbst ins Fleisch schneidet, denn ist nicht auch jeder spezifische Kampf (z.B. gegen Amazon) eine Personifizierung von einem Machtverhältnis? Und wieso nicht ein spezifischer Kampf gegen die Pharmaindustrie? Die WHO? Das Robert-Koch-Institut? Oder besser: die spezifischen Verantwortlichen des gegenwärtigen Angriffs von oben, welche lokalisiert werden könnten… Uiuiui… das würde aber den Linken nicht gefallen. Und da würde vielleicht plötzlich noch verwirrte Verschwörungstheoretiker mitmachen… das ist alles heisses Eisen, daran wollen wir uns nicht die Finger verbrennen… ich höre es schon schreien. Anstatt also ein eigenes Kampffeld zu eröffnen, und jene, welche ihren Hass auf die neueste Aktion der Herrschenden nicht demokratisch domestizieren lassen wollen, und ebensowenig einfach mit anderen Autoritäten liebäugeln, zum Mit- und Zusammentun zu veranlassen… scheut man sich wahrscheinlich davor, überhaupt darüber nachzudenken. Kontamination und kastriertes Denken…
Es ist jetzt nicht unbedingt mein Vorschlag, so einen spezifischen Kampf anzugehen. Auch wenn der Gedanke vielleicht einige Aufmerksamkeit verdient. Wenn in den Analysen der Bewegung der Gelbwesten aufgezeigt wurde, dass der Angriff auf Eigentum den Bezug der Faschisten auf Bewegungen erschwert hat, so könnte das vielleicht gar nicht so uninteressant sein. Auch wenn mir die aktuelle Demonstrations-Bewegung uninteressant scheint und ich mein Augenmerk lieber auf Formen der Revolte wie in Stuttgart richte. Der Angriff auf die Gefängnisgesellschaft, welche jetzt durch die Intervention des lockdowns formalisiert wurde.
Aber um zur Anfangsfrage zurückzukehren: der klassisch linke Zugang zu Leuten, diese Politisieren zu wollen (ihre Gehirne mit richtigeren (unseren) Theorien vollzustopfen) ist eben ein falscher. Das Bewusstsein, welches sich in der Revolte entwickelt, ist ein anderes, und die Relevanz dieses Geschwafels über Verschwörungstheorien verblasst, wenn praktisch die Entscheidung hingestellt wird, ob die Leute bloss eine spezifische Wucherung und Korruption der Macht ablehnen – was auf die politische Ebene führt, Autoritarismus reproduziert –, oder die Totalität dieses Gefängnisses – was zur sozialen Meuterei führt. Ebenso stellen sich in dieser Perspektive auch die Details der Verschwörungen und öffentlich geplanten Angriffe der Mächtigen in der richtigen Dimension dar. Deshalb ist das, was in den „Verschwörungstheorien“ tatsächlich angegriffen werden sollte, das (staats- wie reichs-)bürgerliche Bewusstsein, bzw. die bürgerliche Interpretation von Tatsachen. Ebenso kritisiert werden muss aber die „kosmopolitische“, linke Interpretation der Tatsachen, die in Bezug auf die ganze Coronageschichte zudem viel öfter schlicht faktisch falsch ist, als das derzeit die Verschwörungstheorien sind (und fraglos Autoritarismus repräsentiert)… Aber der Streit über Fakten ist einer der die Leute nicht trennen kann, wenn der Fakt, den man wirklich am Schaffen ist, die soziale Meuterei der Insassen dieser Gesellschaft ist.
Aber leider ist es so, dass etliche Anarchisten sich auch damit diskreditiert haben, nicht nur den Mythos der angeblichen Gefährlichkeit dieser Grippe zu wiederholen (was eigentlich schon von Anfang an eher peinlich war), diese unkritisch als „Pandemie“ zu bezeichnen (dabei die willkürliche Neudefinition der WHO von 2009 übernehmend), sondern ebenso damit, teils prostaatliche Positionen vertreten zu haben, oder eine Selbstverwaltung (wenn überhaupt) der eigenen Einsperrung/Quarantäne. Ebenso das Lächerlichmachen der Angst vor strukturellem oder unmittelbarem Impfzwang. Ebenso die Propaganda getrieben zu haben, bei Bill Gates handle es sich um einen Philantrophen und bei der WHO, RKI und Drosten um vertrauenswürdige Institutionen und Personen (als könnte es für Anarchisten überhaupt vertrauenswürdige Institutionen geben) – denen man dann gefälligst auch vertrauen solle! Was das viel grössere Problem ist, ist also, dass Anarchisten bei der Mobilmachung zur Masseneinsperrung mit dabei waren! Und das ist es, was wirklich „eine anti-autoritäre Kritik an den herrschenden Verhältnissen negier[t]“, während diese Kritik vielen anderen schlicht und einfach gar nicht bekannt ist (und wieso auch, wenn von deren angeblichen Verfechtern nicht mal gegen die härtesten Exzesse, Lügen und Schweinereien des Autoritarismus opponiert wird?). All das sollte mal reflektiert werden, und die nötigen Schlüsse und Brüche gezogen werden… und dann, wenn man das Brett vor dem eigenen Kopf endlich abmontiert hat, könnte man auch überzeugender Andere belehren. Aber so wird man – leider zurecht – nicht ernstgenommen werden.
Für ein Ende mit der radikalen Linken. Verlasst den Kadaver wo ihr ihn trefft. Für ein Anfang mit einer anarchistischen Evolution und Revolution – Aufstand!
Superspreader«
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Antwort der Kanaille vom 25. November 2020:
»Hey (…) Superspreader,
wir werden deinen text wahrscheinlich nicht in die nächste ausgabe nehmen, hier aber eine antwort an dich:
Ich muss mich ehrlich fragen, ob du den Text gelesen hast. Denn die zitierten Zeilen sind so aus dem Zusammenhang gerissen und anschließend deiner ideologischen Herangehensweise angepasst, dass dies einem AK-Journalisten sehr nahe kommt. Oder handelt es sich bei dem Antwort-Text um einen ideologischen Reflex? Nochmal als Hinweis, was in dem von dir kritisierten Text steht: „Wie in jeder Ideologie gibt es auch hier die absolute Idee oder das vollkommene Bild, und von dieser aus wird die Realität (in Form des Absoluten) erklärt.“ Aber jaja, dennoch antworte ich dir hier, mit der Interesse an einer Debatte. Diese Diskussion sehe ich eher und von größerer Interesse in einem „anarchistischen-milieu“ Blatt, statt in der Kanaille.
Im Text in der Kanaille Nr. 4. ging es um die Logik hinter Verschwörungstheorien und ihr Ausdruck auf der Straße. Zum coronavirus gab es einen Text in der Nr. 3, wie auch in der Nr. 4. hättest du bloß eine Zeitungsseite weiter geblättert… jaja…
Macht ist aus meiner Überlegung her nicht personifiziert – nirgendwo steht im Text, dass Macht nicht institutionell oder strukturell ist! Wäre die Macht personifiziert, würde der Kapitalismus mit dem Tod der jetzigen Kapitalisten enden. Dies ist nicht der Fall. War die Macht bei einer Monarchie – und noch stärker bei einer absolutistischen Monarchie – zentralisiert, dann endete die monarchische Dynastie oder auch die gesamte Monarchie mit dem Tod. Siehe bspw. Tod von Ceasar oder französische Revolution… Diesbezüglich ist für uns als Anarchisten und Anarchistinnen gerade die Diskussion unter alten Gefährten am Ende des 19. Jhd und Anfang des 20. Jhd interessant (Propaganda der Tat,…). Da du Macht personifizierst, verstehe ich, dass du nicht den Unterschied erkennst, ob es sich um einen spezifischen Kampf gegen z.B. Amazon handelt, oder Jeff Bezos.
Also was die Macht Analyse von Foucault mit dem Text in der Kanaille zu tun hat, bleibt als dein rhetorischer Versuch oder „Name-dropp…“ ups… -bashing“ eine weitere Schwäche von deinem Text.
Deine Antwort hinkt auch an der Undifferenziertheit zwischen Verschwörung von Akteuren und Verschwörungstheorien. Denn der Text nimmt gerade Bezug auf die Verschwörung von Politkern, Finanzakteuren,.… Verschwörungstheorien bzw. -Glauben basieren jedoch größtenteils auf dem „Geheimen“. Gerade diese Geheimhaltung suggeriert den Mächtigen eine Allmacht(!). Die Intention des Textes „Die Verschwörung der Allmächtigen?“ in einer Agitations- und Straßenzeitung wie der Kanaille, ist es diese Allmacht zu zerstören und somit die Ohnmacht umzuwandeln. Dies passiert auf der Straße, woraus auch die Erfahrungen (vielleicht Berlin spezifisch) für diesen Text resultierten. Daher reicht (d)ein Studium am PC nicht…V.a nicht für absolute Aussagen. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja „allmächtige Anarchist*innen“? Denn wie ich dich verstehe hälst du dich von den Corona-Demos fern, aber du scheinst zu wissen was da abgeht. Internet sei Dank, wa?
Der Superspreader schreibt: „Das Problem, dass man bei aktuellen Bewegungen, wie z.B. den Hygienedemos u.Ä. sieht, wird an einer falschen Welterklärung festgemacht.“ Erstens redet der Text „Die Verschwörung der Allmächtigen?“ nicht von einer homogenen Bewegung. Zweitens, müsste es Welterklärungen heißen und da gibt es sicherlich welche die ich als autoritär und/oder ideologisch ablehne – und denen entgegenwirken möchte.
Die Abkehr und Negierung von Verschwörungstheorien stellt eben gerade den Klassenkampf (oder nenn ihn sozialen Krieg), soziale Konflikte in den Mittelpunkt und stellt die Fragen auf einem sozialen Terrain und nicht auf dem politischen Schachbrett. Denn auch wenn du vehement versucht einen Bruch mit der Linken verbal zu untermauern, verbleibt dein Text auf dem politischen Feld. Und als radikale (politische) Opposition verleibst du innerhalb der radikalen Linken. Du erkennst nicht, dass Verschwörungstheorien elitär sind, von Avantgarde, wenn auch indirekt sprechen, und der Rest als Statisten verbleiben. Du erkennst in den Theorien selber eine gesellschaftliche Basis, ist sie jedoch zu tiefst politisch – und dazu passiv und lähmend. Der Vorschlag der Kanaille ist es gerade das Politische zu verlassen und die Trennung zwischen Autoritären und Anti-Autoritären in der Praxis zu ziehen. Wie du hoffentlich selber gemerkt hast, erzählen die Corona-Verschwörungstheorien nichts Neues. Von, dass dem Einfluss der Pharama-Industrie, über das Gesundheitssystem auf dem freien Markt…
Aber wo wird im Text was anderes behauptet? Weiter lässt dein Text, gerade zu Ende hin, vieles offen, und wird pathetisch und polemisch. Und er phantasiert ein Problem, dass „Anarchisten bei der Mobilmachung zur Masseneinsperrung mit dabei waren!“. Das wäre sicherlich ein Problem, jedoch lässt sich dies für m.E. in der Realität nicht bestätigen. Ach stimmt, du befasst dich ja mehr mit dem Internet, was da zu lesen ist.
Aber gerade deine Antwort – das ist auch der Grund für meine längere Antwort – zeigt auf, wie eine anarchistische Kritik durch den Verschwörungsglauben, abgestumpft wird. Um den Text zu zitieren:„Verschwörungstheorien demgegenüber verschleiern und leugnen jegliche soziale Spannung, die sich aus gegensätzlichen Interessen (auch innerhalb der herrschenden Klassen), Klassenkonflikten, usw. Ergeben.“
Ja sicherlich sind die bürgerlichen Elemente in Verschwörungstheorien ein Problem, jedoch sind sie selber zu tiefst bürgerlich und resultieren daraus. Ich nehme ein anderes Beispiel: Die Verschwörungstheorien über den 9/11 basieren auf dem Glauben der u.s. Bürger, dass der amerikanische Staat unverwundbar ist, dass es unvorstellbar ist, dass er von außen angriffen werden kann, also muss es ein „Inside Job“ sein.
Es bleibt auch deine fragwürdige Hypothese, wenn du schreibst: „Das Bewusstsein, welches sich in der Revolte entwickelt, ist ein anderes, und die Relevanz dieses Geschwafels über Verschwörungstheorien verblasst […]“. Einen materialistischen Determinismus, ehm…, das marxeln musst du wahrscheinlich erst über dich selber reflektieren und hinterfragen.«
Replik vom 6. Dezember 2020:
»Hallo ihr Kanaillen,
Etwas ausgeufert, aber vielleicht kann es ja diese Diskussion weiterbringen. Auch wenn ich das Gefühl habe, die Ebene noch nicht ganz erreicht zu haben, wo der eigentliche Unterschied begraben liegt (der wahrscheinlich eher klein ist). Aber vielleicht finden wir sie ja.
Was meint ihr mit „„anarchistischen-milieu“ Blatt“? Hättet ihr einen Vorschlag? Ich fände zwar die Kanaille schon cooler, aber dass der ganze Verkehr zu weit geht, verstehe ich. Kann mich halt nicht zurückhalten zu antworten…
Gruss und Kuss (-;
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Meine Kritik basiert zugegebenermassen auf einer eher böswilligen oder zumindest abgeneigten Interpretation eures Textes „Eine Verschwörung der Allmächtigen“. Aber dies, weil der Text eben am eigenen Anspruch scheitert (so meine Behauptung). Ich will persönlich gar nicht die Intention eures Textes verneinen (ich glaube sogar sie zu teilen). Aber er scheitert eben meiner Meinung nach daran, Aufklärung zu schaffen. Denn „Verschwörungstheoretiker“ wird nach wie vor schwamming formuliert und Tatsachenfragen mit Identitäten vermischt.
Das kommt ja auch in eurer Antworts-Argumentation zum tragen:
“Die Verschwörungstheorien über den 9/11 basieren auf dem Glauben der u.s. Bürger, dass der amerikanische Staat unverwundbar ist…”
Aha? Natürlich bin ich nicht blöd und sage, dass es keine Verschwörungstheorien gäbe, welche eine solche staatsbürgerliche
Grundlage und Motivation hätten. Aber ebenso richtig (bzw. blödsinnig?) wäre die Aussage:
“Der glaube an die offizielle amerikanische Verschwörungstheorie über 9/11 basiert auf dem Glauben an den Staat und den Welthandel und Kriegshetze und und und.”
Oder etwa nicht???
Letztlich wäre also die logische Schlussfolgerung, das wir eine weitere Theorie erfinden müssten, die anarchistisch wäre.
Dumm nur, dass trotz allem letztlich eine der Theorien (z.B. geheimdienstlicher false flag vs. al kaida) richtig sein muss (oder etwa nicht?). Und das obwohl sie alle kontaminiert sind (einmal mit einer staatlichen Kriegsbegründung etc. und einmal mit den altright Leuten u.Ä. Schwer zu sagen was widerlicher ist).
Persönlich glaube ich, dass der Streit über die Richtigkeit einer Theorie in solchen Fällen, wo nicht ein reales Interesse an der Sache vorliegt, auf ein politisches führen muss. Denn: es führt auf eine spektakuläre Diskussion wo jeder Glaube an einen Sachverhalt für eine Partei instrumentalisiert ist. Und zwar auch der Glaube (und dessen für weniger absurd Erklärung) an die jeweils unspekulative (oder auch mal spekulative) offizielle Version.
Aber natürlich. Letztlich ist das alles noch das Problem, das Verschwörungstheorie eben nach wie vor der falsche Begriff ist. Natürlich ist der Glaube an die jüdische Weltregierung, oder die der Illuminaten, oder die der Reptiloiden etc. nichts worüber ich hier ernsthaft diskutieren will. Da treffen ja auch einige eurer Analysen zu, was die Charakterisierung der psychischen Dynamik betrifft. Wenn ihr aber mit eurem Text ausschliesslich solche Weltverschwörungstheorien kritisieren wolltet, dann habt ihr euch eben einfach nicht klar genug ausgedrückt.
Weil ihr eben gleichzeitig unterstellt, dass z.B. eine „alleinige Macht über die WHO“ von Bill Gates eben eine solche Theorie sei. Wobei unklar bleibt was damit gemeint ist. Z.B. war Bill Gates ja bekanntlich einmal fähig, die Wahl des WHO-Leiters mit einem Veto abzuwürgen. Das ist natürlich noch keine alleinige Macht, aber Kaiser Wilhelm hatte wohl auch nicht viel mehr Macht über sein Reich. Und der galt ja auch als Alleinherrscher, wenn ich mich nicht irre…
Dass ich zu dumm wäre, einen spezifischen Kampf gegen Amazon von einem spezifischen Kampf gegen Jeff Bezos zu unterscheiden, ist auch eine nette Unterstellung. Dass die Übersetzung von Bill Gates & Co. „Bill and Melinda Gates Foundation“ heisst, und gegen diese sich wohl einiges unternehmen lassen würde, was den Kriterien sozialer Reproduzierbarkeit etc. entspricht, sollte aber schon auch klar sein. Ich kann ja nichts dafür, dass die ihre Foundation nach sich benamsen (= personifizieren?). Und natürlich sollte man auch nie zögern, eventuell auch den Chef einer Company ins Visier zu nehmen. Oder wieso nicht?
“Diesbezüglich ist für uns als Anarchisten und Anarchistinnen gerade die Diskussion unter alten Gefährten am Ende des 19. Jhd und Anfang des 20. Jhd interessant (Propaganda der Tat,…).”
Welche Diskussion meinst du da?
Z.B. bezmotivi in Russland 1905 versuchte durchaus, die Bourgeoisie allgemein zu terrorisieren. Auch sonstwo gab es die Vorstellung einer Zerstörung aller Kapitalisten, welche damals natürlich oft eine noch personifiziertere Macht hatten.
“würde der Kapitalismus mit dem Tod der jetzigen Kapitalisten enden.”
?????
Wer weiss, wer weiss…
Ist ja auch gar nicht mein Vorschlag jetzt, aber ich verstehe wirklich nicht, auf welche Diskussion und vor allem Haltung darin in der Passage angespielt wird. Interessiert mich aber.
Das ich euch mit Foucault verglichen habe tut mir natürlich leid. Böser Zufall, dass da grad so ein Magazin mit Zitaten von dem rumgelegen ist, am Tag der Fertigstellung meines rants. Hat mir halt passend geschienen. Der Begriff der Personifizierung von Macht verstehe ich übrigens nicht so genau. Aber ich persönlich glaube nicht, dass man nur Monarchen angreifen sollte (in der Diskussion über Propaganda der Tat wurde das ja auch mal für republikanisch gehalten… in welcher nur, hm?).
Wieso mein Text auf dem politischen Feld verbleiben soll, verstehe ich übrigens nicht ganz. Ich glaube einfach, ihr habt den Punkt nicht verstanden. Klassenkampf und sozialer Krieg sind aber schon zwei paar Schuhe, und was die Arbeiterklasse z.B. heute bringt widert mich oft an. Aber ob die Allmacht dadurch zerstört wird, dass man sagt dass es sie nicht gäbe (bzw. geben könne)? Ich meine: wenn es sie gäbe, würde das irgend ein Argument gegen unsere Methoden des Kampfes und unsere Ziele bringen? Zumindest scheint ihr das zu glauben! Oder nicht? (interessiert mich wirklich!)
Das euch mein Text nicht gefallen wird, habe ich mir fast erwartet. Aber argumentiert ihr hier, weil das ein Aufnahmekriterium wär, oder was?
Ich gratuliere zum Ende zu den vielfältigen Unterstellungen wie z.B. ich würde mich nur mit dem Internet beschäftigen, ich würde Dinge herbeifantasieren, ich würde im politischen verbleiben, AK-Journalismus, u.Ä. Toll, dass ihr das von mir zu wissen glaubt. Danke auch für die Korrekturen von Sätzen, welche von euch ohnehin verstanden wurden. Delegitimierungsversuche nehme ich allerdings kaum als Argumente wahr. Und diskreditieren tut es wohl eher euch/dich.
Es mag gemein gewesen sein, nur den Verschwörungsartikel von euch herausgepickt zu haben (der ja gleich am Anfang ist), und den Rest zu ignorieren. Aber ich verstehe nicht, inwiefern mein Punkt falsch sein soll.
Euer
Superspreader
PS: Persönlich finde ich immer noch, dass der Begriff Verschwörungstheorie falsch benutzt ist, wenn er so benutzt wird, wie er medial geprägt wurde (und wie du ihn ja reproduzierst). Wenn du Qanon als Verschwörungstheorie bezeichnest, nun denn. Vielleicht tust du den wwga´s einen Gefallen damit, vielleicht nicht. Aber zumindest ist es eben immer noch zu einfach, das so zu erklären. Dass
Verschwörungsideologien (a la Infowars u.Ä.) elitär sind (so Matrix-Red-Pill-mässig) hab ich nirgendwo verneint. Das „Du erkennst nicht…“ also eine billige Unterstellung. Und das mit dem mitmachen der Anarchisten bei der Mobilmachung hat durchaus mehr mit realen Erfahrungen denn mit dem Internet zu tun. Auch wenn es ebenso logisch ist, dass sich gerade diese Leute, die dabei mitmachen, auch real ins Internet zurückziehen (oder ihre Mitbewohner mit Einhaltung der Regeln terrorisieren). Dass du glaubst, ich persönlich würde mich v.a. im Internet bewegen, mag ja eine beruhigende Vorstellung für dich sein, scheint mir aber mehr einen Mangel an Argumenten wiederzuspiegeln.
PPS: Was das marxeln anbelangt, so kann ich dir gern den Spiegel vorhalten: „jedoch sind sie selber zu tiefst bürgerlich und resultieren daraus“, schreibst du über Verschwörungstheorien, was letztlich nichtsüber den Wahrheitsgehalt aussagt. Oder gibt es in deiner Vorstellung denn eine bürgerliche und eine proletarische Wissenschaft etc., wobei dann nichts wahr sein kann, was die bürgerliche Wissenschaft behauptet, wenn es der proletarischen widerspricht? Das verwirrt mich echt ein bisschen. Und natürlich ist es mir klar, dass der grosse Teil der öffentlich (und v.a. in Europa) hervortretenden abweichenden 9/11-Theorien auf staatsgläubigen Vorurteilen beruht und einfach nicht glauben kann, dass so eine Aktion einer Al Quaida-Verschwörung möglich ist. Und dass dann irgendwelche erzkonservativen Kräfte, die in den USA nichts anderes sehen als eine grosse Freimaurerverschwörung (was historisch ja durchaus nicht kreuzfalsch ist), vor allem auf den Plan treten. Und ihre Theorien einer „Verschwörung der Allmächtigen“ auspacken. Aber wenn ihr nicht verstanden habt, dass ich nicht diese Leute verteidigen will, dann lest doch meinen Text nocheinmal. Vielmehr geht es mir darum, dass die einfache Haltung, „die offizielle Version“ müsse ohnehin stimmen, genauso verblendet ist wie die als Wahrheit präsentierten Spekulationen der Infowars-Medien etc.
PPPS: [Eigentlich verworfene Antwort, aber wieso nicht:] Mir fällt es zumindest etwas schwer, deine Antwort auf meinen Text zu übertragen. Es scheint mir, dass er nicht verstanden wurde. Deshalb muss ich mich auch ehrlich fragen, ob ihr meinen Text gelesen habt (genau wie ihr mich das fragt, lustigerweise). Aber es mag sein, dass ich auf ein paar wenige Sätze überreagiert habe. Die Kritik war aber allerdings genau daran, solche Klischees zu verbreiten, da mir das eher schädlich scheint. Und ausserdem scheint es mehr darum zu gehen, sich mit dem fraglichen Thema nicht zu beschäftigen. Ich finde das zwar irgendwie verständlich, da die Fixierung auf solche Themen ja eben oft auf ein politisches Feld führt (und deshalb allzu oft weg vom sozialen Krieg). Aber ich finde es auch sehr beschränkt. Oder vielmehr: mit solchen Sätzen, wie den von mir kritisierten, bestätigt man eben den ideologischen magischen Kreis, welche die Verschwörungsideologie um sich aufbaut. Diese reproduziert sich auch bestens anhand der Nichtthematisierung gewisser Fragen durch radikalere Kritiken, und dem verängstigten Vermeiden der Identifizierung gewisser Akteure. Als Anarchisten, die wir ja weder eine konservative, noch eine linke, noch die offizielle Erzählung akzeptieren können (!?!), sollten wir stets vermeiden, voreilig die Argumente dieser verschiedenen Seiten ins Spiel zu bringen.
Auch deshalb habe ich meinen Artikel geschrieben, weil mein Gefühl war, dass euer Artikel eigentlich eher ausweicht die Rolle von Bill Gates & Co. einmal aus einem anarchistischen Blickwinkel zu beachten. Was natürlich banal betrachtet sekundär ist, da eine anarchistische, sozial kriegerische Kritik an einem anderen Punkt ansetzt. An einem prinzipielleren nämlich. Und dort, wo sich eben der soziale Krieg abspielt (das heisst: nicht in erster Linie in den Büros der Ultrareichen). Deshalb habe ich geschrieben, „Das Bewusstsein, welches sich in der Revolte entwickelt, ist ein anderes, und die Relevanz dieses Geschwafels über Verschwörungstheorien verblasst“. Weil im sozialen Krieg ja klar ist, dass der Kampf gegen die Strukturen von gewissen Firmen nicht viel wert auf deren Chefs legt. Oder ob diese Satanisten, Freimaurer, Evangelikale, Juden, Rechte oder Linke sind. Und wem das wichtiger ist als der eigentliche Konflikt (z.B. die Rolle von Amazon in Berlin), der beweist nur sein verharren in religiösen oder politischen Denkstrukturen. Wobei auch der Fokus auf Berlin Lokalpatriotismus/not in my backyard widerspiegeln kann. Was aber ein Zusammengehen nicht (immer) verunmöglicht. Also: wie ihr vielleicht erkennen könnt, sage ich bezüglich dieses Punkts eigentlich nichts anderes als ihr (?) und wollte euch auch nicht insofern widersprechen, als dass das Gesamtpaket „Verschwörungstheorie“ (mit wahlweise Illuminaten, Juden, Reptilen oder Hollywood-Pädos) eine Sackgasse ist (bzw. eine Autobahn oder Tuckerzug, je nach dem, in eine faschoide
Richtung). Was ich aber schon glaube (zumindest wirkt der Text so auf mich), dass ihr in dieser Sache das Kind mit dem Bade ausschüttet.
PPPPPS:
“Wie du hoffentlich selber gemerkt hast, erzählen die Corona-Verschwörungstheorien nichts Neues.”
Well: für wen nicht neu? Und wer redet denn sonst über das, was sie sagen? Weichen nicht die allermeisten Anarchisten davor aus? Aber vielleicht liege ich falsch. Zumindest mein Gefühl in realen Gesprächen ist, dass ein grosser Teil von Anarchisten nicht einmal weiss, dass BMGF Pharma ist und big im game, oder was Event201 ist, oder was am WEF besprochen wird, oder was es mit der Schweinegrippegeschichte auf sich hatte. Und das ist peinlich. Und schien mir bei euch auch so, auch wenn ich falsch liegen könnte.«