Vorbemerkung vom Superspreader: Bin jetzt zu faul, zu diesem Text noch eine Sendungseinleitung zu machen. Ausserdem wäre es nicht nur takt-, sondern wirklich geschmacklos, dieses Thema damit zu belasten. Der Text wurde irgendwann Mitte 2021 geschrieben und letztlich dann doch nicht verwendet, wie so vieles. Er kann mitunter als Kommentar zu Zero Covid gelesen werden, auch wenn wir eigentlich beabsichtigt hatten, dazu zu schweigen. Es schien uns dann doch eher ein schlechter Aufhänger für jene, welche ersteinmal abgewartet hatten, irgend etwas klares zur Lage zu sagen, sich gedrückt haben, bis ihnen mit Zero Covid eine Vorlage geboten wurde. Dazu gibt es genügend Material. Dieser Text ist vielmehr Produkt der Lektüre des Organs dieser Initiative, einfach weil ich dazu nicht schweigen konnte… und dann ist die Publikation doch versandet. Die Frage war mir auch zu anstrengend, die Form nicht treffend genug. Aber jetzt trotzdem. Und besser spät als nie, natürlich… der Schluss wurde so in Notizen ausgefranst belassen, ohne da noch was zu schleifen. Naja. Ausserdem bemerkenswert, wie stark der Artikel schon die Kriegsstimmung heraushob…
Auch eine geschlechterpolitische Intervention
«Die intellektuelle Partei bildet die Reservearmee der Bürokratie» (Raul Vaneigem)
Als vor beinahe schon einenhalb Jahren die Völker der Welt die Signale hörten und befolgten und alle in einem Massenwahn der totalen Mobilmachung für den Krieg gegen das Virus folgten und sich zuhause kasernierten, da wurde schnell allgemein bekannt, dass die Frauenhäuser nun alle überfüllt sind. Das wurde zwar als ein brutaler Nebeneffekt angesehen, brachte aber scheinbar kaum einen Verteidiger, ob weiblich, männlich oder anderswie, dazu, den Lockdown nun etwa grundsätzlich abzulehnen. Wohl nach dem Motto «Wo gehobelt wird fallen Spähne» verklärte man diese Überfüllung quasi als naturgesetzlichen Nebeneffekt der Katastrophe, bzw. eigentlich ja von deren Verhinderung, was man aber so ungern ausgesprochen hat, da man ja schliesslich dazu gezwungen sei. In diesem Schauspiel der Rettung nationaler Bevölkerungen vor Triage und Anstieg von Mortalitätsraten sollte man wohl Kollateralschäden in Kauf nehmen, wer da noch auf die Absurdität angesichts der weltweit Millionen von Verhungernden, auf Flüchtlinge oder die deutsche und europäische Waffenproduktion hinwies, wurde als Abtrünniger gebrandmarkt, als Deserteur, der ja selbst sehen musste, wie er auf den leergefegten Strassen nicht von den Bullen eingefangen wurde – denn ganz klar fehlte es ihm wohl an nationaler Gesinnung. Und da diese nationale Welle, wie ja zumeist, auch eine patriarchale Welle war (und ist), so wurde dabei eben auch massenhaft vergewaltigt. Das ist ja schliesslich normal im Krieg, soviel sollte doch bekannt sein, oder nicht?
Denn Möchtegernbürokraten von Zerocovid ist das zumindest bekannt. In ihrem Organ «Zero Covid. Solidarität in den Zeiten der Pandemie. Nummer 1, Februar 2021» zeigen sie dann auch ihre grandiose Solidarität mit denjenigen, die vielleicht noch einen Platz in den überfüllten Frauenhäusern erwischt haben, oder auch nicht. Achtung, das wird jetzt echt schwerverdaulich! Unter dem Titel «ZeroCovid als geschlechterpolitische Intervention» meint eine gewisse Jeja Klein, nachdem sie die späte Positionsbildung der linken «in der Pandemie» kritisiert hat: «Die Auswirkungen der Pandemie auf die Gewaltbetroffenheit von Frauen ist unterbelichtet. Im Juni [2020] wiesen die TU München und das RKI in einer Studie darauf hin, dass bereits in den ersten Monaten (1) der Kontaktbeschränkung 3,6 Prozent der Frauen eine Vergewaltigung durch ihren Partner erlebt hatten – mehr als 1,5 Millionen.» Bum. Diese Tatsache war mir noch unbekannt, auch wenn mir am ersten Tag nach Beginn des Lockdowns schon klar war was sich wohl in den gelockdownten Wohnungen realistischerweise abspielen musste. Aber: 3,6 Prozent der Frauen?!? Das ging mir durch den Kopf, während ich angestrengt versuchte dem Artikel weiter zu folgen, denn eine solche Aussage ist ja ersteinmal so abstrakt, unvorstellbar und keiner Vorstellung entsprechend wie jede statistische Aussage. Nachdem ich mich etwas gefasst hatte, las ich dann wirklich weiter, das schlimmste ahnend, denn es ist ja klar, dass ich hier kein lockdownkritisches Blatt in den Händen halte. Weiter geht es also um die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für Frauen und auch das Elend, als queere Person mit einer intoleranten Familie eingesperrt zu sein wird erwähnt. Dann wird ganz nüchtern festgestellt: «Wieso sollten Frauen ihre Interessen in einer Initiative wie ZeroCovid vertreten sehen, die ja immerhin für einen noch strengeren Lockdown steht? Würde das die erwähnten Effekte nicht kurzfristig weiter verschärfen? Sicher wäre das so.» Ja bravo! Sowas hätte ich dann doch eher in einem offen faschistischen Blatt erwartet. Oder nichteinmal. Ich könnte kotzen! Natürlich, es folgt dann irgendein Geschwafel von wegen, dass «der halbe Lockdown» (so wird all das, was wir bisher in Europa durchgestanden haben, bezeichnet!) schuld sei, dass diese ganze Scheisse für Frauen so lange dauere, «warum Frauen inzwischen schon so lange in ihr gefährliches Zuhause verbannt sind». ZeroCovid würde da, so ja schliesslich die Propaganda der Initiative, dadurch Abhilfe schaffen, dass man da Mal so richtig durchgreift. Vorgestelltes Rezept: kurz aber schmerzlos. Dafür aber mal so richtig! Echt jetzt, das ist die grösste Schweinerei die mir in den letzten Jahren zu Gesicht gekommen ist. Das Ansteigen von Inzidenzwerten als Grund für die Wiederholung – angeblich nur ein letztes Mal. «Megalockdown. Lieber ein Schrecken mit Ende», forderte der Querdenkerpolitiker Ballweg ja schon letzten Oktober. Den Ball hat nun links übernommen – es trennt sie weniger als sie denken, die Falschen Kritiker von beiden Seiten…
Und dann das nächste Argument, das wohl nur komplett Verblödeten irgendwie einleuchtet: «Hinzu kommt: In der ZeroCovid-Initiative, die sich gerade zu einer sozialen Bewegung des Krisenprotests entwickelt, ist endlich Raum für sozialpolitische Forderungen geschaffen worden, mit denen die Menschen überhaupt erst in der Lage wären, einen richtigen Lockdown durchzuhalten.» Zerocovid eine «soziale Bewegung des Krisenprotests», wer da nicht lacht. Und: zum Glück nicht, denn eine solche Bewegung wäre wohl eine ernsthafte Gefahr und man könnte sich vorstellen, dass sie in Bezug auf den weltweiten Lockdown ungefährt dem entspricht, was Freikorps und Faschisten in Bezug auf den ersten Weltkrieg waren.
Aber es schwirrt mir noch allzusehr im Kopf. 1,6 Millionen – offiziell registrierte – Vergewaltigungen… in den ersten Monaten (1)… Vergleiche gehen mir durch den Kopf, wie z.B. wie verhalten sich 60.000 Coronatote zu 1,6 Millionen Vergewaltigungen? Sind 26 Vergewaltigungen auf 1 an oder mit Covidi Verstorbenen (die ja laut Zerocovid mit damaligem Stand Juni 2021 60.000 belaufen) ein angemessener Kollateralschaden? Aber was rede ich von 60.000? Hier ist ja die Rede von den ersten Monaten 2020 (1)! Und ich merke wie wirr das Ganze ist. Wie pervers diese Zahlenspiele sind. Wie verblödet ich selber schon bin und wie fest meine eigne Neigung Menschen in Zahlen bevölkerungspolitisch zu denken… zu entmenschlichen.
Ich lege angewidert diesen Schund weg. Merken diese Leute überhaupt was sie sagen?
Planen sie, mehrere Millionen Frauenhausplätze bereitzustellen für ihren Megalockdown? Vielleicht eine vorherige Umsiedelung? (2) Nein! Jeja Klein reduziert sich auf die sozialdemokratische Forderung: «erhöhte Hartz-IV-Sätze und Lohnfortzahlungen, endlich eine Ausfinanzierung der Frauenhäuser, Lohnerhöhungen für Care-Berufe». Ja toll, wenn ich zuhause mit meinem Vergewaltiger-Partner eingesperrt bin und die überfüllten Frauenhäuser ausfinanziert sind! Wirklich toll! Glauben die Zerocovidis ernsthaft, damit würden sie irgendein Elend abwenden?
Wenn diese Leute in ihrer perversen Logik wenigstens konsequent wären, so müssten sie Grundeinkommen, Millionen von Frauenhhausplätzen und Managerlöhne für «Care-Berufe» fordern, aber nein, nichts davon. Aber diese Aufgabe übernimmt wohl dann die radikalere Linke. Dass sie alle nur den erweiterten Horizont des Bestehenden widerspiegeln, wurde an dieser Stelle schon oft genug behandelt.
Jeja Klein schliesst ihre widerlichen Ergüsse dann noch mit Geschwafel von wegen, man müsse «die psychosozialen Folgen» auffangen… aber eben: alles, damit es weitergeht. Ganz so, wie amerikanische Soldaten schon einmal eine LSD-Therapie rechtfertigen können, damit der Krieg weitergeht. Das Doppeldenk in diesem Artikel ist mir dabei teilweise zu hoch.
Aber ich will hier versuchen, zu einer allgemeineren Analyse überzugehen. Dass ich dazu durch die Angabe statistischer Zahlen in der Zeitung ZeroCovid angeregt wurde, ist mir zwar peinlich, aber vielleicht war die Zeitung ja doch noch zu etwas zu Nutze, und gesellt sich nicht zum Klopapier neben Grundgesetz und Seuchenverordnung… zumindest scheint es mir so, dass bisher niemand versucht hat, des Zusammenhangs von Lockdown und patriarchaler Gewalt radikal auf den Grund zu gehen (zumindest kennte ich sie nicht) (3). Denn, nach längerem Durchdenken muss ich sagen, dass die hier behandelten Vergewaltigungen, die ja wohl nur Spitze des Eisbergs sind, nicht einfach als Seitenaspekt behandelt werden können. Grob gerechnet wurde in Deutschland während des ersten Lockdowns nach offiziellen Zahlen jede vierzigste Frau von «ihrem Partner» vergewaltigt. Man könnte sagen: auch in deinem Block, auch deine Nachbarin! Dies im Zusammenhang einer gesellschaftlichen Mobilmachung mit Kriegsrethorik, welche dazu aufforderten «Zuhausezubleiben».
Ich werde nicht versuchen, diese Tatsache hier emotional zu verarbeiten und das geht auch gar nicht, weil es nicht geht. Ich werde nur versuchen, so abgestumpft wie ich nunmal bin, diese Realität irgendwie in eine Analyse einzubetten, welche es möglich machen könnte, diese Realität zu bekämpfen.
Der Lockdown kann auch als Zivilisationsschub beschrieben werden, als neue Welle der Domestizierung im wahrsten Sinne des Wortes, und es wurde schon analysiert, dass damit «vergeschlechtlichte Gewalt» intim zusammenhängt. In diesem Fall: die Durchsetzung von Stayathome bedeutet eben auch die Einrichtung einer neuen Ordnung «at home», das sollte offensichtlich sein. Die völlige Perversion des Begriffes von Verantwortung und Solidarität, welche die Propaganda ja sofort produzierte, kam dann wohl auch im durchschnittlichen Paar zur Auswirkung. Es sollte auch bemerkt werden, dass in einer hierarchischen Gesellschaftsordnung klassischerweise schon in der Ehe der buckelnde Knecht noch ein unterstes Ende der Leiter findet. Aber hier kommen auch neue Elemente hinzu. Dass in gewissen extrem patriarchalen Kontexten Frauen das Haus nicht verlassen dürfen bzw. komplett in die Häuslichkeit gesperrt werden (z.B. gewissen Interpretationen der Scharia), ist ja eines und schon bekannt. Allerdings betrifft ja der Lockdown beide Geschlechter, abgesehen von Arbeit. Der Lockdown ist also durchaus noch extremer als etwa eine fundamentalistische Scharia, wenn auch «vorübergehend». Man könnte sich vorstellen, dass der Lockdown eben eine Schubrolle hat, und dass dabei die Zivilisation auf Elemente zurückgreift, die sich auch im klassischen Patriarchat finden lassen, diese aber – progressiv – geschlechtsunabhängig anwendet. Denn der Staat darf ja heute nicht mehr diskriminierend sein. Dabei basiert man sich aber sehr wohl auf patriarchale Strukturen, aber mehr implizit, da es ja dem progressiven Schein schaden würde.
Die Hackordnung, die sich nun in den Keimzellen des Staates durchsetzt, war zu erwarten. Wie im Gefängnis auch, ist diese Hackordnung natürlich vor allem der Tatsache, eingesperrt zu sein geschuldet. Dass die Gewalt dabei sexuell ist, ist wohl nicht schwer zu verstehen, ist vielleicht aber eigentlich sekundär. Dass diese Hackordnung der Gefängnisordnung dient, sollte wohl auch bekannt sein. Sie ist Teil der informellen Selbstverwaltung und dem Überleben in der Misere des Gefängnisses und wird meist nur dann aufgebrochen, wenn sich die Gefangenen verbünden und gegen die Gefängnisordnung wenden.
Ich will hier ja keinem die Verantwortung absprechen, nein, versteht diesen Artikel nicht falsch. Aber wer zurückweicht, das Ganze verstehen zu wollen, weil er nur mit der Brille der Moral sehen kann, wird nichts zur Überwindung der Zustände beitragen. Wenn der Lockdwon eines ist, so ist er eine unglaubliche Neuformierung der Kleinfamilie, die sich neu konstituiert, und das heisst: die in diesem kritischen Augenblick auch ihre gewalttätigen Aspekte deutlicher offenbart. Denn die Familie, als Keimzelle der Gesellschaft, wird hier auf sich selbst zurückgeworfen und in die Technologie hinein. Dabei findet natürlich der immer latent anhaltende Machtkampf eine Eskalation, die eigentlich nur das Wesen dieser Institution entlarvt. Diese Institution wird nämlich total durchgesetzt, fungiert als das, was die Kaserne für den Krieg ist, und ist bei der Gewährleistung des Übergangs in die «Neue Normalität» essentiell.
Nachdem die Zivilisation den Planeten komplett erobert hat, wendet sie sich nun an die Verfestigung gegen innen, zwingt die Leute herein, wobei die Zivilisierung ja die Tätigkeit der Menschen ist. Und eben oftmals eine Tätigkeit von Männern, während die Frauen und Abweichende zum passiven Objekt herabgewürdigt werden oder sich sogar selbst dazu machen.
Es scheint mir nun so, dass an dieser Analyse etwas fehlt, denn es gibt natürlich, wenn auch marginal, so doch für unsereins vielleicht relevanter, auch die mittlerweile relativ tolerierte Form der WG, die sich ja klassischerweise dem Familismus etwas entzieht. Vom Hörensagen findet ja auch da vielfach eine Wiederdurchsetzung von Monogamie statt, in dem die ohnehin schon monogamen Päärchen ihren Mitbewohnern – aus Angst vor Ansteckung natürlich – eine weniger liederliche Lebensführung aufnötigen. Es ist diese generelle Wende hin zur sexuellen Repression und zur Familie, welche für den Lockdown eine wichtiges Element ist, ohne die er unmöglich wäre. Dabei ist auch die immer stärkere Isolation jener, die ausserhalb dieser Form Leben, eben ein Druckmittel. Wobei es natürlich noch Tinder gibt, ja bravo. Die Verdinglichung schreitet aber überall voran, ob in der Form von Vergewaltigung oder Tinder oder Pornographiekonsum…
A propos Pornographie. Das allzu eskalierte vergewaltigen ist dem Heerstab nicht unbedingt genehm, schliesslich lebt man ja in einer postmodernen Demokratie, in der man auch feministische Machtkliquen berücksichtigen muss. Und vielleicht sollten ja auch in diesem Kontext die Gratispremiummitgliedschaften auf Pornhub gesehen werden, wer weiss? In etwa so, wie man im Bosnienkrieg an deutsche Soldaten Pornohefte verteilte, damit sie sich an den Massenvergewaltigungen nicht allzusehr beteiligen. Natürlich ist diese Derealisierung der soldatischen «Sexualität» vielleicht wünschenswert, aber was wirklich not tut ist ja Militarismus und Kasernengeist zu zerstören, indem ein freies Leben eingerichtet wird, in welchem sämtliche Mittel der Mobilmachung und der Einzwännung verschwunden sind.
Im Übrigen: Im Krieg gegen das Virus wird auch die Familie zum Schlachtfeld.
Was bleibt zu sagen? Der Kampf gegen das Patriarchat beginnt heute allem Anschein nach mit einem Kampf gegen den Lockdown. Denn wie anders kommt man da heraus??? Dies trotz all jenen, welche glauben, der Lockdown wäre Ausgeburt des sensiblen menschlichen Mitgefühls mit den Schwachen, während er doch ganz offensichtlich die Menschen abstumpft und ihnen die Selbstbestimmung ihrer «Grenzen» abspricht. Eine Ideologie, die ganz logisch dazu führt, auch anderen die Selbstverfügung über sich abzusprechen. Was ja auch massenhaft gemacht wird. Dass diese Logik Vergewaltigungen Vorschub leistet ist doch irgendwie logisch. Dass die Durchsetzung dieser Logik von massenhaften Vergewaltigungen begleitet wird kann nur festgestellt werden.
Der Lockdown hätte höchstwahrscheinlich nicht funktioniert, wenn in den Wohnungen der Welt allzu viele Leute sich einen Begriff von Freiwilligkeit bewahrt hätten. Dass dieser moralische Wandel vor der Sexualität halt macht, konnte man ja auch nicht erwarten. Dass sich dann auch ZeroCovid nicht zu wundern scheint über diese Übergriffe, sondern diese einfach auffangen will, spricht Bände. Paradoxerweise ist es ZeroCovid selbst, welche diese Tatsachen behandelt, ganz so, als wollte man den Betroffenen ins Geschicht scheissen und sagen: tut doch nicht so. Wir sind im vollen Wissen darum, was dieser verursacht, für den Lockdown. Diesen Leuten scheint jeder Begriff von Freiheit und Würde abhanden gekommen. Im Wahn, die soziale Katastrophe abzuwenden, vertiefen sie diese noch, während der menschliche Bezug und die Empathie endgültig Zahlenspielen gewichen ist. Dass eine etwaige komplette Ablehnung des Lockdowns den Zerocovidis gar nicht in den Sinn kommt, bzw. sie diese als faschistisch und sozialdarwinistisch verunglimpfen müssen, scheint seine Logik zu haben. Denn im Vergleich zu Faschismus und Sozialdarwinismus wäre, so der Subtext, diese Lockdownrealität das kleinere Übel. Nun, dummerweise handelt es sich dabei Grossteils um Projektionen, und mit der Zerstörung jedweden Selbstbestimmungsrechts können diese Leute auch mindestens als Wegbereiter eines Horizonts gelten, der dem Faschismus, vielleicht auch dem deutschen, ebenbürtig ist.
ZeroCovid detaillierter zu kritisieren, das Überlassen wir Anderen, die das mehr betrifft. Mir haben sie zumindest geholfen, zu verstehen, wie aktuell Domestizierung – von Nietzsche übrigens Verhaustierung genannt – stattfindet und wie das mit geschlechtlicher Gewalt zusammenhängt. Das also auch bei diesem neuen Innovationsschub der Zivilisation «Geschlecht» auf eine widerliche Weise neu konstituierend, im «Zwangsapparat Familie» (W. Reich), natürlich – dieser Keimzelle, die ja abgesehen von Arbeit heute desöfteren die einzig legale Beziehungsform ist, die nicht in die Technologie verbannt wurde – Zufall? Kaum. Und das einen backlash zu nennen, wäre schlicht der falsche Begriff. Da Progress!
Kann es einen Lockdown ohne sexuelle Gewalt geben? Realexistierend offensichtlich nicht! Nichteinmal ZeroCovid behauptet das ja. Der Fortschritt benötigt gerade dieses patriarchale Element, das offen zu Zelebrieren aber wohl allzu faschistisch wäre. Aber selbst wenn, selbst die feministische Zivilisation und Masseneinsperrung wäre uns ein Gräuel.
Wenn wir wählen müssten, zwischen der katastrophalen Verfestigung der zivilisierten Ordnung – Motto «Abwendung der Katastrophe» – und einem katastrophalen Zusammenbruch dieser Ordnung, «dem Eintreten der Katastrophe». Unsre Wahl wäre klar! Dass Allerdings real die Katastrophe der Abwendung allemal die abgewendete Katastrophe in den Schatten stellt, nehme ich trotzdem nach wie vor an.
Vielleicht manövriert sich der Staat dadurch ja in den Zusammebruch…? Aber das wäre allzu optimistisch.
Im übrigen scheint es mir, dass auch der Veteran des Kriegs gegen das Virus (wie in die Bundesregierung in ihren Propagandafilmchen dargestellt hat) in vielen Fällen ein Vergewaltiger gewesen sein wird.
Massenvergewaltigung im Zeitalter der «Antiquitiertheit der Masse».
Verantwortung mitgemacht zu haben wie im Krieg, nicht nur der Regierung. Auch du hast deine Mitbewohner gezwungen. Prozentsatz der tatsächlich gezwungen werden muss ist immer gering.
(1) Bei Nachforschungen im Nachhinein stelle ich fest, Jeja Klein hat da etwas geschummelt: Die fragliche Studie ist vom Juni 2020, die Befragungen fanden „zwischen 22. April und 8. Mai 2020“ statt und behandelten also nur den ersten Monat, nicht mehrere! Allerdings handelt es sich nicht um gemeldete, sondern um hochgerechnete Vollzahlen. Aber am Sinn des Textes ändert das kaum was.
(2) Und wohin? In Frauenschutzlager???
(3) Auch die 19-teilige Serie Geschichten aus dem Patriarchat zu Corona-Zeiten von den Schönen Rosen liefern das nicht.